Rede zur „Verabschiedung des Haushalts 2012 einschließlich des Haushaltssanierungsplans“
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Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist für mich eine besondere Rede. Es ist meine erste Haushaltsrede. Und zugleich sind die heutigen Haushaltsreden etwas anders als die, die seit 1995 hier im Rat der Stadt Werdohl gehalten werden. Die erste Besonderheit ist, dass der Haushalt 2012 zum zweiten Mal – nachdem er bereits Ende letzten Jahres zum ersten Mal verabschiedet wurde – nun nochmal beraten und voraussichtlich gleich mehrheitlich verabschiedet wird. Meine Fraktion wird, um es vorwegzunehmen, dem Haushalt 2012 einschließlich des Haushaltssanierungsplans zu-stimmen. Die zweite Besonderheit: Die Stadt Werdohl hat – vielleicht sogar die einmalige – Gelegenheit nach 17 Jahren die Kehrtwende zu vollziehen und den städtischen Haushalt mit einer Finanzierungshilfe des Landes ab dem Jahr 2018 auszugleichen. Dies ist allerdings mit einem enormen Kraftakt für alle Bürgerinnen und Bürger – auch für alle Ratsmitglieder (was nicht immer klar zu sein scheint) – verbunden.
Seit 1995 muss die Stadt Werdohl zu ihrem Haushalt ein Haushaltssicherungskonzept vorle-gen, da der städtische Haushalt seitdem nicht ausgeglichen werden kann. Für das Jahr 2013 droht bzw. drohte die Überschuldung der Stadt. Wäre die Stadt Werdohl ein Unternehmen, müsste sie Insolvenz anmelden. Es ist ähnlich, denn das Haushaltssicherungskonzept als Anlage zum Haushalt 2012 wurde von der Bezirksregierung Arnsberg nicht genehmigt. Uns wurde auferlegt, in einem Haushaltssicherungskonzept aufzuzeigen, wie wir den Haushalts-ausgleich in den nächsten 10 Jahren erreichen können – ohne jegliche Unterstützung des Landes. Eine Alternative war dagegen, sich um die Teilnahme am Stärkungspakt, den die Landesregierung auf den Weg gebracht hat, zu bewerben. Der Unterschied zwischen dem Haushaltssicherungskonzept und dem Haushaltssanierungsplan ist, dass die Stadt Werdohl im Rahmen des Haushaltssanierungsplans eine finanzielle Unterstützung des Landes bis zum Jahr 2021 bekommt.
Die SPD-Fraktion hat sich sehr intensiv mit der von uns geforderten Aufgabenkritik der Ver-waltung beschäftigt und auch eigene Vorschläge zur Konsolidierung des Haushalts einge-bracht. Wir haben zusätzlich zu den regelmäßigen Fraktionssitzungen an zwei Samstagen ganztägig die Maßnahmen des Haushaltssanierungsplans beraten.
Für die SPD-Fraktion gab es bei der Diskussion über die Sparmaßnahmen von Beginn an drei wesentliche Prinzipien:
Erstes Prinzip: Kinder und Jugendliche sollten von den Sparmaßnahmen unberührt bleiben. So kann beispielsweise die Stadtbücherei weiterhin von Kindern und Jugendlichen kostenlos genutzt werden. Bei der Sportstättennutzungsgebühr ist der Kinder- und Jugendbereich aus-genommen.
Ein weiteres Prinzip war, dass verhältnismäßig kleine Summen mit großer Wirkung nicht ein-gespart werden sollten.
Und das dritte Prinzip: Möglichst alle Bereiche (Sport, Kultur, Wirtschaft) sollen ihren Beitrag zur Konsolidierung leisten. Das war nicht immer und nicht für jeden einfach – weder in der Fraktion noch im Lenkungsausschuss. Denn jedes Ratsmitglied hat sein Ressort, was er gerne von den Sparmaßnahmen unberührt gesehen hätte.
Die Kommunen sind in den letzten Jahren über das Maß hinaus belastet worden – und das auch nachweislich zu unrecht. Es kann nicht sein, dass sich höhere Ebenen auf Kosten der Kommunen entschulden. Die Kommunen sind immer das letzte Glied in der Reihe, obwohl gerade vor Ort die Auswirkungen der Politik spürbar werden.
Das Verfassungsgericht in Münster hat die „überdehnte“ Berechnungsmethode im Einheits-lastengesetz NRW – das die schwarz-gelbe Landesregierung beschlossen hat – gerügt. Somit kann auch die Stadt Werdohl noch auf eine Reduzierung und auf eine Rückerstattung der zu viel gezahlten Beiträge für den Fonds der deutschen Einheit hoffen.
Bei jeder Gelegenheit mache ich die Damen und Herren in Düsseldorf und Berlin – auch aus den eigenen Reihen – auf das Konnexitätsprinzip aufmerksam, denn „wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen!“.
Es ist erfreulich, dass die Landesregierung die Schlüsselzuweisung im Land erhöht hat. Doch leider gewinnt Werdohl dabei nicht, obwohl sie mit den sozialen Problemen im Besonderen zu kämpfen hat.
Die Bundestagsabgeordneten der SPD haben im Rahmen der Zustimmung zum Fiskalpakt die Übernahme der Kosten für die Eingliederungshilfe für Behinderte als Bedingung aufge-stellt. Zudem soll die soziale Grundsicherung schneller als geplant von den Gemeinden auf den Bund übergehen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber weitere Übernahmen von Sozialausgaben sind notwendig. Es bleibt zu hoffen, dass das Geld des Bundes durch eine Reduzierung der Kreisumlage dann auch an die Städte weitergeleitet wird.
Der Haushaltsausgleich kann aus unserer Sicht nicht alleine nur durch Konsolidierungsbe-mühungen unserer Stadt gelingen. Auch die Umlageverbände sollen zum Sparen aufgefor-dert werden. Denn die Kreisumlage macht einen nicht unerheblichen Teil des städtischen Haushalts aus. Deshalb haben wir eine Resolution gefordert, die das klar zum Ausdruck bringt. Über diese Resolution werden wir im Anschluss an die Verabschiedung des Haushalts beraten und hoffentlich mehrheitlich verabschieden.
Lassen Sie mich auch ein paar Worte zur Bürgerbeteiligung verlieren. Der Bürger konnte sich im Vorfeld der Beratungen in einer öffentlichen Veranstaltung selbst ein Bild von der desolaten Lage des städtischen Haushalts machen. Zudem gab es zu jeder Zeit die Gele-genheit eigene Sparvorschläge einzubringen. Alle Vorschläge, die eingereicht wurden, sind im Lenkungsausschuss beraten worden.
Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass es sich bei dem Haushaltssanierungsplan – wie es dem Begriff schon zu entnehmen ist – um einen Plan handelt. Es sind einige Sparmaßnah-men enthalten, deren Details noch in Zukunft in den zuständigen Fachausschüssen und im Rat noch konkretisiert und beraten werden müssen. Wenn es Einzelhändler gibt, die eine Patenschaft der Brunnenanalge am Colsman-Platz übernehmen möchten, dann ist es aus meiner Sicht legitim, wenn wir uns noch einmal über die Entscheidung unterhalten.
Im Vergleich zu anderen Stärkungspaktkommunen beschließen wir noch moderate Hebesät-ze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer. Das macht deutlich, dass wir uns im Len-kungsausschuss auf eine tragfähige Lösung geeinigt haben. Die Stadt Dorsten erhöht bei-spielsweise die Grundsteuer B von bisher 500 auf 825 % und die Gewerbesteuer von 480 auf 500 %. Von diesen Hebesätzen sind wir noch relativ weit entfernt. Aufgrund der exorbitanten Anhebungen der Hebesätze in den meisten Stärkungspaktkommunen wird der durch-schnittliche Hebesatz im Land steigen. Alle Kommunen, die in der Haushaltssicherung sind, müssen diesen durchschnittlichen Hebesatz erheben. Es kann sogar sein, dass wir relativ schnell wieder zum Durchschnitt gehören. Bisher lag Werdohl bei der Gewerbesteuer an drittletzter Stelle im Vergleich zu den anderen Städten im Märkischen Kreis, bei der Grund-steuer an dritter Stelle. Bei letzterem muss man aber berücksichtigen, dass die Stadt Werdohl keine gesonderte Straßenreinigungsgebühr erhebt, sondern sie mit über die Grundsteuer B (48 Prozentpunkte) verrechnet wird. Durch die Steigerung der Gewerbesteuer um ca. 17 % liegt Werdohl mit 485 % dann knapp vor Iserlohn an erster Stelle. Aber die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Ich möchte mal an einem kurzen Beispiel verdeutlichen, warum es sich lohnt diese Sparbe-mühungen zu unternehmen:
Viele Bürger sprechen mich oft aufgrund maroder Straßen an. Da sich die Stadt Werdohl bisher in der Haushaltssicherung befand, war es für die meisten Straßen lediglich möglich, die entstanden Löcher zu stopfen. Studien belegen aber, dass eine Komplettsanierung eines Straßenzugs meist wirtschaftlicher ist. Bisher konnten wir mit dem begrenzten Investitions-budgets solche Maßnahmen nur in besonders dringenden Fällen erledigen. Das soll aber nicht heißen, dass wir ab dem Jahr 2021 alle Straßen neu asphaltieren. Aber der Hand-lungsspielraum für solche Maßnahmen wird aber dann steigen.
Es ist für die Stadt Werdohl eine einmalige Chance aus dem Schuldenloch herauszukommen, allerdings beherbergt dieser Plan auch gewisse Risiken. Was passiert, wenn sich die wirtschaftliche Lage wieder verschlechtert und sich dadurch die Gewerbesteuereinnahmen reduzieren? Was passiert, wenn die Zinsen für die Kassenkredite steigen? Werden wir dann wieder dasitzen und überlegen, wo wir noch etwas einsparen können bzw. den Bürger über höhere Steuern belasten können? Nein, das mag ich mir nicht vorstellen. Sollte einer dieser Fälle tatsächlich eintreten, so wird sich die SPD-Fraktion vorbehalten, einer Änderung des Haushaltssanierungsplans nicht zuzustimmen. Aus unserer Sicht ist die Grenze des Zumut-baren erreicht.
Man darf gespannt sein, wann und wo der erste Sparkommissar eingesetzt wird. Hoffentlich nicht bei uns! Im Koalitionsvertrag der Landesregierung steht wortwörtlich, ich zitiere: „Städte sollen nicht kaputtgespart werden“. Das lässt zu hoffen, dass auch bei einem Einsatz des Sparkommissars, den ich mir absolut nicht wünsche, das Frei- sowie das Hallenbad nicht geschlossen werden.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
lassen Sie uns gemeinsam diesen Kraftakt vollziehen. Es ist zum Wohle dieser Stadt und der nachfolgenden Generationen.
Zum Schluss bedanke mich bei allen anderen Fraktionen für die gute und konstruktive Zu-sammenarbeit. Denn eine auf Konfrontation angelegte Verhaltensweise wäre aus meiner Sicht bei dieser schwierigen Lage unangebracht gewesen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!